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Dreifaltigkeit

„Warum muss unser Gott denn so kompliziert sein?“ – diese Frage stellte ich mir als Jugendliche oft, wenn ich versuchte, mich mit meinem Verstand dem „Einen Gott in drei Personen“ zu nähern. Und so ließ ich dieses Dogma einfach so stehen wie ein noch verpacktes Geschenk, dessen Inhalt mich gar nicht mal so sehr interessierte...

Das änderte sich für mich plötzlich nach meinem Ordenseintritt; vielleicht war es kein Zufall, dass ich ausgerechnet in der ersten Vesper zum Dreifaltigkeitssonntag ins Postulat aufgenommen wurde. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich damals richtig Angst vor meiner eigenen Courage hatte und offen gestanden der personifizierte Zweifel war, ob ich mich mit meiner Entscheidung fürs Ordensleben nicht in irgendetwas „verrenne“. Doch mitten in der Vesper kam in mir plötzlich ein Gefühl tiefer Geborgenheit auf – Geborgenheit im dreifaltigen Gott. Als mir wenige Wochen später nach meinen ersten Postulats-Exerzitien eine Karte mit einem Bild der „Barmherzigen Dreifaltigkeit“ von Schwester M. Caritas Müller OP in die Hand fiel, war die Verbindung vom Kopf zum Herzen endgültig hergestellt. Die Betrachtung des Bildes berührte mich sehr, denn so wie Gott dort dargestellt ist – der Vater, der liebevoll in den Arm nimmt und den Rücken stärkt, der Sohn als derjenige, der sich tief zu uns hinunterneigt, sich entäußert und zum Diener aller wird, der Heilige Geist als das alles umschliessende feurige Band der Liebe – genauso ist Gott auch in mein Leben getreten, so durfte ich Ihn erfahren.

Der Kreis schloß sich für mich, als ich später im Noviziatsunterricht das Buch „Der dreieine Gott“ von Gisbert Greshake las. Dort heißt es an einer Stelle:

„Als dreifaltiger Gott, dessen innergöttliches Leben sich im Austausch der Liebe vollzieht, ist er kein in sich stehendes Absolutum, sondern immer schon ent-äussert, so dass eine göttliche Person ihr Gottsein je von den beiden anderen her empfängt und ihnen schenkt.

Die Personen in Gott sind also von ihrer innersten Eigenart her so, dass sie Raum „neben“ sich gewähren. Raumgeben gehört zum Wesen der Liebe. (…) Wenn nun ein solcher Raum zum Wesen des trinitarischen Gottes gehört, muss dieser einen solchen nicht erst durch Einschränkung seiner Allmacht bereiten, um der Schöpfung einen „Ort“ der Existenz zuweisen zu können. Ein solcher Raum besteht bereits im innertrinitarischen Lebensvollzug. (...)

Gott ist bereits in seinem Wesen Raumgeben für andere, zunächst für das andere der göttlichen Personen, dann aber auch für das ganz andere der Schöpfung. Das Nicht, das zwischen Schöpfer und Geschöpf steht, ist im Nicht zwischen Gott und Gott geborgen.“ (aus: G. Greshake, Der dreieine Gott, Herder-Verlag)

Wie Gisbert Greshake es ausdrückt – wir sind geborgen in diesem Raum der Liebe, der Gott selbst ist, ER umschliesst uns von allen Seiten, aus diesem Raum können wir niemals herausfallen. ER verleiht jedem Menschen eine unaussprechliche, unzerstörbare, göttliche Würde.

Als ich mir im März einen Professnamen aussuchen durfte, musste ich nicht lange überlegen - ich wählte die "Barmherzige Dreifaltigkeit". Einerseits, weil mir im Geheimnis der Dreifaltigkeit die Spannung zwischen spürbarer Nähe und Unbegreiflichkeit Gottes besonders stark zum Ausdruck kommt, die mir - genauso wie vielen anderen - manchmal schwer zu schaffen macht. Es steht für mich auch für die unbegreifliche Größe Gottes, sein Immer-Anders-Sein. Ich habe schon oft erfahren - wenn ich mir über IHN grübelnd den Kopf zerbreche, komme ich ihm keine Spur näher. Nein, ich möchte mehr und mehr lernen, Gott GOTT sein zu lassen, das Ge-heim-nis zu bewohnen, statt es unbedingt erklären zu wollen.

Einen gesegneten Dreifaltigkeitssonntag wünscht

Sr. M. Ursula

(Gepostet vor 6th June 2009 von OP-Jugend)

http://op-jugend.blogspot.ch/2009/06/dreifaltigkeit.html

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